Ein etwas anderer Bericht
30.12.2019, Eschlikon – noch rund 30 Stunden bis ein neues Jahrzehnt beginnt.
Kalt ist es, wirklich kalt, so kalt, dass man viele Läufer darüber sprechen hört. Die meisten sind aber trotzdem gut gelaunt: Es ist klar am Himmel und die Wahrscheinlichkeit, dass es zu regnen beginnt ist so klein, dass sicherlich niemand vorsichtshalber eine Regenjacke in der Sporttasche deponiert hat.
Unter den zahlreichen Laufbegeisterten, die sich in Eschlikon eingefunden haben um den dortigen Silvesterlauf zu bestreiten, befinden sich auch sechs LSV’ler – gewillt den letzten (oder vorletzten: nur jemand) Wettkampf des Jahres zu laufen.
Um Punkt 18 Uhr fällt der Startschuss und die Läufer, unter denen sich auch die Unsrigen befinden, laufen los – die Strasse runter, die in die Dunkelheit führt, der aber mit Fackeln versucht wird entgegenzuwirken.
Vielleicht ist das so, wie der Jahreswechsel: Man läuft in etwas Neues, Unbekanntes. Wobei, nein, das ist kein gutes Symbol: Wir wissen ja eigentlich, dass auch das kommende Jahr mehr oder weniger gleich sein wird, wie das Vorangegangene.
Obwohl, spätestens seit dem Einlaufen wissen wir auch, wie es dort auf der Strasse in der Dunkelheit aussieht – vielleicht ist es somit gar nicht so falsch den Jahreswechsel mit der Strasse in Eschlikon, die ins Dunkle führt, gleichzusetzen. An Silvester nimmt man ja irgendwie Abschied vom alten Jahr, doch es ist kein wirklicher Abschied, man schaut meist nicht traurig zurück, obwohl man das alte Jahr verabschiedet. Vielleicht ist dies so, weil der Abschied mit einem Anfang einhergeht und weil wir wissen, dass sich grösstenteils nicht viel verändern wird.
Aber zurück zum Lauf: In Eschlikon werden 6.8 Kilometer gelaufen und dies auf vier Runden. Die Strecke ist nicht monoton, aber auch nicht super abwechslungsreich – etwa so wie ein typisches Jahr: Man muss sich kurz mal bergauf kämpfen, es geht mal schnell abwärts, es gibt Geraden, die ins Dunkel führen und Geraden bei denen man sieht, wo man endet und es wiederholt sich das Ganze mehrmals. Ja, wie das Leben!
Unsere Helden in grün (zumindest diejenigen, die das Vereinsdress tragen) laufen diese vier Runden und treffen nach und nach im Ziel ein. Dort wird einander fleissig gratuliert, den einen oder anderen Schwatz gehalten und viel gelacht. Diese Stimmung findet man nach dem Auslaufen auch in der Garderobe vor: Lauter fröhliche Gesichter. Es fallen gar Kommentare wie: „Da isch ez würkli eifach geil gsi!“
Krass; wir sind alle zufrieden, und irgendwie spielen hier die Resultate gerade eine untergeordnete Rolle. Vielleicht sind wir uns alle einfach bewusst, dass für dieses Jahr eigentlich alles vorbei ist. Für mich stimmt dies zumindest – ich wollte keinen Podestplatz, ich wollte nur noch einmal einen Lauf laufen und ich tat es. Einmal keinen Leistungsdruck, einmal einfach zufrieden sein, nicht an sich zweifeln, einfach laufen ohne grosse Analyse nachher – nein, einfach laufen und geniessen.
Laufen und geniessen! Nicht oft, dass ich mir dies vornehme, nein, wirklich nicht oft; selten wäre hier die passendste Formulierung, obwohl auch das vielleicht noch ein wenig zu schwach wäre. In Eschlikon jedenfalls habe ich es getan. Dass ich gelaufen bin trifft auch auf die anderen Läufe zu, aber habe ich dort auch genossen? Habe ich dort wirklich die Intention gehabt, dass ich auch geniessen möchte?
Ich denke lange über die Antwort nach und kann sie trotzdem nicht finden – das ist vermutlich Antwort genug.
Viele Läufer bezeichnen das Laufen als Medizin, doch was für eine Medizin? Medizin, die man zum Leben braucht, oder Medizin, die einem das Leben vereinfacht? Wieso macht man sich von etwas abhängig, identifiziert sich über etwas? Wieso nicht einfach das Laufen als Passion sehen, doch sehen, dass es noch anderes gibt? Nein, nicht Beruf! Beruf ist genau der gleiche Schwachsinn! Einfach etwas anderes, etwas, wo man weder Druck noch Stress oder alles andere, das einem innerlich auffrisst, verspürt. Etwas, wo man im Moment ist und nicht ständig zu weit voraus denkt. Einfach einmal im Moment leben, ein so dummer Spruch, der aber irgendwie doch stimmt.
Das Laufen lockerer nehmen, nicht vom Umfang her, aber mental: Ein guter Vorsatz für ein neues Jahr, aber ich werde mir dies aber nicht vornehmen – nicht vornehmen, weil ich mir sonst einen Druck mache, ich müsse meinen Vorsatz einhalten.
Ja lieber Leser, der Diskurs hat sich hier gerade sehr stark verschoben und ist sehr persönlich geworden, sorry dafür.
Also wieder zurück zu dem, worum es ursprünglich einmal ging: Den Silvesterlauf in Eschlikon und die LSV’ler, die daran teilnahmen. Alle waren erfolgreich und würden sich als zufrieden bezeichen. In Resultaten (die eigentlich nicht wichtig sind, weil wir für uns teilnahmen und eigentlich nur laufen wollten) bedeutet dies:
- Andrin Jacomet 24:37 (3. U20m)
- Nicole Lohri 25:55 (2. F40)
- Philipp Lohri 27:38 (10. M50)
- Christoph Lippuner 27:41 (12. M50)
- Sämi Schmid 28:37 (2. M60)
- Andreas Portner 29:09 (14. M50)
Hier noch der Link zur vollständigen Rangliste.
Das Jahr endet demnächst und so auch dieser Bericht, der vielleicht nicht ganz der konventionellen LSV-Art entsprach.
Merci allen LSV’lern, die mich immer wieder anfeuern, mir gratulieren und mich motivieren – das ist wirklich wertvoll!
Einen guten Rutsch und bis bald in neuer Frische!