Bericht vom 5. Herderner Lauf

Samstag 18. Sepember 2021

Der Herdernlauf – oder was man sich aufs Alter vornehmen sollte 

Die Berichterstatterin des LSV scheint aus dem Club ausgetreten zu sein – so könnte man denken. Denn kaum ein Bericht erschien in letzter Zeit und das obwohl wieder Läufe stattfinden. Nein, ausgetreten nicht, aber dauernd tanzt sie auf fremden Hochzeiten. Es ist also höchste Zeit für einen Bericht und der Herdern Lauf ist gerade um die Ecke (und ein paar Höhenmeter weiter oben!), da bietet es sich ja wirklich an. Selber schuld, wenn man am Abend vorher noch mit dem Greifenseelauf fremd geht. Jetzt ist einfach wieder mal so ein Vereinslauf dran und das mit einem Bericht. Punkt. Um zwölf Uhr schwingt man sich so mit schweren Beinen aufs Velo und strampelt den Hügel nach Herdern hoch. Das wird nix mit einem Podestplatz, die Beine sind schwer! Aber umso besser. Man zieht sich also die Triathlon Velohose an, da muss man nicht umziehen, einfach ein frisches Tischi und dann nach dem Läufli grad wieder heim und das Prichtli schreiben. Über diese Fehlüberlegung und die schlechte Kleiderwahl dann später im Bericht. 

Zahlreich sind sie erschienen die Mitglieder des LSV Frauenfeld. So zahlreich, dass es bei der Siegerehrung zwei Stunden später sogar noch einen Preis gibt für den Verein. Ganze 17 Mitglieder haben am Herdern Lauf teilgenommen. Nach der langen Zeit in der nun wegen der Pandemie keine Wettkämpfe stattgefunden habe geniessen wir es alle noch etwas zusammen zu sein und zu plaudern. Es ist fast ein wenig wie früher, es mach einem wehmütig. Es ist so lange her, dass manm sich schon richtig daran gewöhnt, nicht die Hände zu geben und man fühlt sich irgendwie nackt ohne Maske. Apropos Maske, das gehört mittlerweile ja auch einfach zur Ausrüstung. Im Auto liegt immer eine rum, in der Handtasche findet man eine verwurstelte Maske, in der LSV Jacke ist auch noch eine, x-Mal gefaltet und wahrscheinlich schon durch mehrere Waschgänge durch gegangen und wieder getrocknet, und im Laufrucksack ist auch immer eine Reservermaske drin. Schon komisch, wie man sich daran gewöhnt. Auch ans nicht-duschen gewöhnt man sich, dann zieht man halt einfach ein frisches T-Shirt an und richtet sich die Haare notdürftig wieder einigermassen ein. (Wiederum genauere Infos dazu später im Bericht).  

Um viertel vor eins starten die Waffenläufer, um ein Uhr ist bereits der Volkslauf dran. Die Strecke ist anders als letztes Mal und führt zuerst 500 Meter durchs Dorf. Ein LSV Mitglied ist sehr verwirrt. «Wir starten doch sicher in die falsche Richtung – alle!» Zum Glück haben wir letzten Mittwoch die Strecke schon einmal abgerannt, auch wenn die einen den Weg trotz der Pfeile nicht gefunden hätten. «Heute ist die Chance, dass ihr den Weg findet grösser, ihr könnt nicht mehr so viel quatschen auf dem Weg», meint einer trocken. Nein, quatschen tun wir nicht, es ist recht warm für so einen Tag im frühen Herbst. Aber den Weg finden wir nicht deswegen so gut, sondern weil man einfach den anderen nachlaufen kann. Auf jeden Fall geht es der Berichterstatterin so. Sie fällt sofort zurück, den Greifenseelauf in den Beinen und ein Appenzellerbiberli im Bauch. Super, das muss ich mir abverdienen! Ach, dieser Coronaspeck, ach, das Alter. Vor zwei Jahren war ich noch so viel leichter, so viel schneller! Warum, warum nur….Die ersten zwei Kilometer sind harzig, dann bessert es langsam. Die Strecke ist super und die Aussiecht über das Thurtal und die dahinter liegenden Bergen wunderschön. Was für ein herrlicher Herbsttag. Und wie schön, dass wir wieder miteinander laufen können. Vor mir laufen zwei junge Frauen vom LC Frauenfeld. Die sind sicher erst so 12 oder 13 Jahre alt. Schlank und rank mit wippenden blonden Pferdeschwänzen joggen sie leichtfüssig dahin und plaudern. Wie herzig und wie cool, dass diese zwei jungen Frauen auf diesen Lauf gehen. Mit was habe ich eigentlich meine Teenager Zeit verbracht? Mit sich sorgen, ob man dazu gehört und nicht zu dick ist. Was für eine elende Zeitverschwendung! Habe ich damit je einmal aufgehört? Nein, seit über 30 Jahren schon überlege ich mir nun, ob ich zu schwer bin, anstatt so glücklich wie diese Mädels dahin zu joggen. Gerade vorher war doch dieses Gejammer wegen dem Coronaspeck. Wäre es nicht einmal Zeit damit aufzuhören? Ich laufe hier an einem wunderschönen Herbsttag mir Kolleginnen und Kollegen an einem Laufevent in meiner Heimat. Vorhin hat es wunderbar nach Bratwurst geduftet und das einzige was ich mir überlegt habe, ob das nun drin liegt nach den 10 km oder nicht. Ich hole mir nachher sowas von einer Wurst! Schluss mit diesem Gejammer, ich höre damit auf, ab jetzt! Ich überhole die zwei Mädels, werfe noch einen Blick zurück und bin nahe daran, ihnen für diese Erleuchtung zu danken.  

Es geht nach 5 km nochmals wacker den Hügel hinauf. (Ich muss ein Stück gehen). Was solls, Hauptsache mitgemacht, Hauptsache es gibt wieder mal einen Bericht. Im Ziel wieder freudiges Beisammensein mit den anderen LSV Mitgliedern, das Viva Coci schmeckt super! Jetzt das trockene T-shirt anziehen und heim zum Mittagsschlaf, der schon zu lange warten musste. Und dann plötzlich der Satz des besten Ehemannes: «Du bisch im Fall Dritti!» Au nei, jetzt muss ich so aufs Podest? Die Präsidentin lacht. «Tja, solche Probleme bleiben mir halt erspart!» Warum habe ich mir nicht wenigstens noch trockene Hosen eingepackt. Und einen Kamm. Nun geht es mit rotem Näggel, nass-geschwitzen Velohosen und stinkig aufs Podest! Aber was habe ich mir vorgenommen? Aufhören sich immer wieder zu fragen, ob man dazu gehört und nicht zu dick – oder in meinem Fall – zu stinkig ist. Deswegen gibt es nun halt eine Bratwurst und was Gutes zu trinken. Und nach und nach treffen die anderen Mitglieder des LSV am Tisch ein, frisch geduscht, gepudert und gekämmt, bereit fürs Podest. Tüchtig abgesahnt hat der LSV Frauenfeld!  

Es ist wirklich zurück, das gesellige Zusammensein am Tisch nach einem Lauf, mit Bier und Kuchen und Wurst, alle wundern sich wer welchen Platz belegt hat und welche Zeit man gerannt ist. Handys werden herumgereicht, Witze gerissen. Die Berichterstatterin schreibt in Gedanken mit. Tief drinnen der Wunsch, dass wir bald in die Normalität zurückfinden, die Diskussionen über Zertifikatspflicht, Impfen und anderes rund um die Pandemie in weiter Ferne liegen. Es hat einem so gefehlt, dieses Zusammensein. Wie lange es her, als wir unter Gelächter nach einem Lauf am Tisch einen Osterhasen geschlachtet und die Stücke verteilt haben, es macht einem wehmütig. Hoffentlich ist bald alles vorbei und wir sind wieder oft so zusammen. An einem Tisch mit Plastiktischtuch, Bier und die Pfunde, die man während der Zeit auf dem Sofa nun als Isolation angefressen hat, das stört uns auch nicht. Wir sind zwar älter geworden, aber wir sind Läuferinnen und Läufer und geniessen es, an so einem Tag um die Wetter zu laufen. 

Ranglisten – Volkslauf 2021 – Herderner Lauf