Es ist immer der krönende Abschluss der Laufsaison im LSV. Die einen essen nichts Süsses und verzichten auf Alkohol, sie trainieren diszipliniert und setzen alles auf eine Karte. Andere trainieren zwar auch, aber vielleicht weniger diszipliniert und essen umso mehr Schokolade. Von dieser Sorte steht eine Person am 20. November um 10 Uhr mit einem Lätsch auf dem Marktplatz und ist beleidigt, weil die Fitness nicht für den Marathon reicht. Wie die sich meinen, mit ihren schönen roten Nummern. Und wie stolz können erst die sein, die mit einer schwarzen Nummer loslaufen. Bravo, ihr fitten schnellen Marathönler! Das Wetter stimmt auch und in den schwarzen Leggins bekommt man richtig warm. Aber die Jacke kann man jetzt nicht aufmachen, sonst outet man sich mit der blauen Nummer. Zumal gerade zwei mit einer roten Nummer darüber diskutieren, wie dann die mit der blauen Nummer nach Wil alle so gemein überholen. Um halb elf ziehen die Läuferinnen und Läufer davon und für den Rest heisst es jetzt auf nach Wil mit dem Bähnli. Es hat viele Leute, alle freuen sich, dass der Frauenfelder wieder stattfindet, es war eine lange Zeit seit dem letzten Mal.
Immer wieder recken sich die Köpfe, um ein paar Waffenläuferinnen und Waffenläufer zu erspähen. Der ruhigste Ehemann der Welt zieht grad bei Wängi im weissen Gilet über die Strasse und läuft leichtfüssig Eschlikon entgegen. Und unter uns gesagt: Eigentlich sind wir ja saumässig froh, können wir mit dem Bähnli nach Wil fahren.
Oben in Wil bereits reges Treiben. Der Spitzenläufer des Waffenlaufs ist bereits in Wil, unter lautem Gejubel rennt er durch Wil, über den «Starthügel» und dann wieder hinunter Richtung Lommis. Ist der schnell! Sowieso sehen sie alle noch recht frisch aus, dabei haben die ja schon 21km abgespult. Wieder ein Anflug von Neid. Wäre schon cool gewesen. (Bis Lommis!)
Das Wetter ist immer noch gut, aber kalt ist es. Lieber das Gepäck noch nicht aufgeben, noch ein wenig länger in der warmen Jacke bleiben. Der Gfröörli jammert, die Handschuhe blieben zu Hause, was nun? Da merkt man ja nicht mal, dass die Nägel blau lackiert sind, die sehen darunter genau so blau aus! Vor den Toitois bliden sich die bekannten Schlangen, im Gewimmel müffelt es nach Voltaren Creme und Angstschweiss. Fleissige Pfadfinderinnen und Pfadfinder laden das Gepäck in die Lastwagen. Allzeit bereit! Der letzte Riegel wird kameradschaftlich geteilt, gute Wünsche und Schulterklopfen und dann geht es in die Startblöcke. Um 12:30 geht der Startschuss des Halbmarathons. Macht schon Spass, wenn man noch mag und so leicht an den Läuferinnen und Läufern des Marathons vorbeikommt. Der Strassenrand ist gesäumt von Zuschauern, immer wieder wird man angefeuert, Glocken läuten, Musik dudelt irgendwo. Vor Lommis steht ein Ehepaar und singt aus voller Kehle – wie schön! Es ist, als hätten wirklich alle den Frauenfelder vermisst, nicht nur die in den Laufschuhen. Man ist nie allein. (Auch dann, wenn man eigentlich gerne mal allein wäre, hinter einem Baum oder so.)
Bis zum Schluss scheint die Sonne gnädig auf die Läuferinnen und Läufer, belohnt ihre Leistung mit ein paar warmen Novemberstrahlen. Im Ziel, glückliches Händeschütteln, Schulterklopfen und dann gibt es endlich die Trophäe – den Honig!
«I het en au möge – dä Ganz!» meint der Gfröörli wieder etwas beleidigt und das Gspänli nickt. Ja, möglich wäre es schon. Aber ist doch auch schön, wenn irgendwann im Laufe der Jahre, doch die Vernunft siegt. Es reicht ja, wenn einer humpelnd zum Auto schleicht und meint. «Noch 30 Kilometer isches eifach nümm luschtig!»
Und schon liegt er hinter uns, der Frauenfelder. Auf nächstes Jahr – den Ganzen!