Der Schoggi Hase und der Eschenberger Wald
Ein LSV-Mitglied hat Ende Februar einen Schoggi Hasen gekauft. Nicht wegen Ostern, sondern aus Tradition. Es ist zwar schon einige Jahre her, aber damals, Anfangs März in Winterthur am Laufsporttag haben sie ihn zum ersten Mal geteilt, den Schoggi Hasen. Beim zweiten Mal hat es sich halt so ergeben, beim dritten Mal wurde es zur Tradition, dann kam die Pandemie und zwei Jahre war nichts mit dem Schoggi Hasen teilen, danach hat sie den Hasen zu Hause vergessen und dieses Jahr – dieses Jahr war er nicht beim Lauf dabei. Bossi stand aber im Zieleinlauf und hat die LSV-Mitglieder laut angefeuert und hat somit auch dieses Jahr ein Ohr des Schoggi Hasen verdient.
Bossi war nicht der Einzige, der dieses Jahr nicht mitlaufen konnte. Es ist gerade Grippesaison, die ganze Kaserne Frauenfeld, in den Schulen und auch sonst überall schnäuzen und husten die Leute vor sich hin. Dennoch haben es ein paar Mitglieder des LSVs an den Laufsporttag nach Winterthur geschafft und sitzen in der Turnhalle des Steinacker Schulhauses und teilen sich den Schoggi Hasen, checken auf Garmin ihre Leistungen, hoffen dass das Lösli sie trifft und sie mit einem nigelnagelneuen Mountainbike nach Hause gehen können und tauschen sich über den Lauf aus. «Auf der Zielgeraden habe ich noch alles gegeben!» Muss man ja, wenn dort Bossi und Anita stehen und zurufen. Und kurz vorher, dort wo es noch über Geröll auf dem Kiesweg hinunter auf die Zielgerade ging, da stand Philip Lori und hat genauso angefeuert, man hat also nochmals tüchtig Gas gegeben und das nach 10 km durch den Hexenwald am Eschenberg. Und ein verhexter Wald ist es! Nie und nimmer würde man da wieder hinausfinden, hätten die Organisatoren nicht so gut mit Sägemehl und Täfelchen und blauen Bändern den Weg markiert. Da nützt es gar nichts, dass der Lauf in dem Frühlingshaften Wetter so gut besucht ist und sich ein langer Tatzelwurm von Läuferinnen und Läufern den Berg hinauf in den Eschenberger Wald schlängelt. Nach spätestens 4 km und etwa zwei Abzweigungen im Wald an Kreuzungen, wo kleine Pfade in fünf verschiedene Richtungen gehen, hat man die Orientierung verloren. Und der Wald sieht irgendwie immer gleich und doch anders aus. Mal tief und düster, unheimlich und in der Ferne hört man die Töss im Tal, aber dies auch aus allen Richtungen, mal verzaubert und feenhaft, mit Moos überwachsene Baumstrünke und Lichtungen. Irgendwie hat man das Gefühl man wird beobachtet von Fabelwesen guter und «gfürchiger» Natur. Nein, da will man nicht vom Weg abkommen. Und die Organisatoren wollen das auch nicht und deswegen stehen immer wieder Aufpasser an den Kreuzungen, weisen die Läuferinnen und Läufer in die richtige Richtung, sperren hie und da sogar einen Weg mit einem Band ab, damit nicht noch ein superehrgeiziger Läufer da reinrennt und sich verirrt und natürlich wird dann auch nochmals kräftig angefeuert. «Los, isch nüme wiit, da dure! Super mached ihr das! Und nomol tüchtig zie!» Alles mit dem typisch rollenden r eines echten Winterthurers.
Es ist der erste Lauf in der Vereinsmeisterschaft, es ist Frühling, aber nur gerade so knapp Frühling. Und aus diesem Grund hat man am Start auch alles gesehen, die ganze Auswahl an Laufbekleidung. Von ganz kurz bis winterlich eingemummt mit Mütze, Schal und Handschuhen. Der Start des Laufes erfolgt an der Sonne und dann geht es zuerst mal zwei Kilometer den Hügel hinauf. «Definitiv zu heiss», befindet ein LSV-Mitglied nach wenigen Metern. «Ich möchte am liebsten gleich hier das Tischi ausziehen!» Aber das wäre schade, denn sie machen sie richtig gut die schönen LSV-T-Shirts, die von ganz vorne bis zum hinteren Ende des Tatzelwurmes davonziehen. Und dieses Jahr hat es auch LSV-Stirnbänder und Ärmlinge, die am Lauf tüchtig Werbung für den LSV Frauenfeld machen. Auch auf dem Foto, das Peter vor dem Lauf noch schiesst macht sich die Vereinskleidung gut. Wir sind eben voll «Merg!» (Dies in der Jugendsprache von heute)
Apropos Tatzelwurm, dieser hat schon vor dem Start begonnen, und zwar vor der Damentoilette. Dieser schlängelte sich durch den engen Gang bis nach draussen, lauter verzweifelte und vor sich hin tänzelnde Damen die hoffen, noch vor dem Startschuss an die Reihe zu kommen. Denn wie gesagt, im Eschenberger Wald oben hinter einem Moosüberwachsenen Baumstrunk zu verschwinden ist keine Option, viel zu gefährlich. (Und eventuell guckt einem noch ein Gnom oder Zwerg zu!)
Die Unentschlossenheit der Bekleidung zeigte sich schon vor der Abfahrt nach Winterthur. «Wollt ihr eigentlich an den gleichen Ort?» hiess es noch eine Stunde in Frauenfeld, als zwei LSV-Mitglieder vom Shuttlebus Hutter abgeholt wurden. Einer in kurzen Hosen und T-Shirt und Sonnenbrille, dessen Ehegattin mit langen Hosen, Mütze und Wintermantel. Zur Verteidigung bleibt noch zu sagen, dass an diesem Morgen dicker Nebel in Frauenfeld lag. Es sah nach Winter und kühleren Temperaturen aus. Und der Schoggi Hase, der neben dem Rucksack stand und darauf wartete verspiesen zu werden, wirkte fehl am Platz. Aber Tradition ist nun mal Tradition.
Die neue Laufsaison für den LSV-Frauenfeld wurde somit mit dem Schoggi Hasen offiziell eröffnet. Zehn Minuten es gebraucht, bis auf dem Tisch in der Turnhalle des Steinackers nur noch ein paar Schoggi Brösmeli übrig blieben, die LSV-Mitglieder über einem Bier, einem Möhl oder Rivella ihre Leistung feierten und tüchtig klatschten, als ein paar Mitglieder sogar noch auf dem Podest landeten. Mit dem Mountainbike fuhr niemand nach Hause. Aber das macht nichts, wir freuen uns auf die vielen schönen Läufe, die noch vor uns liegen, auf das Feiern, Austauschen, Wetteifern und die wohlverdienten Süssspeisen, Pommes Frites und Fischknusperli nach dem Wettkampf, das liken auf Strava und Garmin, das Wer-weisen, was man jetzt anziehen sollte, das Herumscherzen in der Schlange vor der Toilette, auf das Wohlverdiente Mittagsschläfchen auf dem Sofa nach vollbrachter Leistung. Und im Eschenbergewald kichern ein paar Feen, weil doch der eine oder andere vom Weg abgekommen ist, beabsichtigt oder unbeabsichtigt.