Insgesamt 122 Startnummern wurden herausgegeben am Wiler Waldlauf. Die Vereine rund um Wil waren sehr gut vertreten, und die konstant hohe Läuferschar zeigt einmal mehr, dass der Waldlauf zu den beliebten Veranstaltungen in der Region zählt.
Aus Sicht der Startnummer ist der Rundkurs interessant, da viel Abwechslung geboten wird. Als Nummer 153 ist mir ein kurzes Leben prognostiziert, hat sich doch mein Träger für heute eine schnelle Zeit vorgenommen. Mit viel Liebe werde ich auf einem leuchtend gelben Shirt befestigt. Schliesslich habe ich den besten Platz verdient, so dass mich alle schon von weitem sehen. Ich habe nun eine wichtige Aufgabe, denn ich bin das Erkennungsmerkmal meines Trägers (und kaschiere – ganz nebenbei – seinen Bauchansatz). Neben mir wird die Nummer 180 an einem Startbändel befestigt. Kollegin 180 wird bald aussehen wie ein runzliges Gesicht. Angedrückt zwischen Shirt und Laufhose muss sie stets die Balance halten. Da habe ich eindeutig die bessere Wahl getroffen!
Vor dem Lauf finden sich alle leuchtend gelben Shirts für ein kurzes Fotoshooting ein. Ich hätte die vordere Reihe bevorzugt, doch haben sich insbesondere die Trägerinnen der anderen Nummern vorgedrängt. Ladies First, wie es so schön heisst. Die Trägerin der Nummer 180 hat wohl ihr schönes Shirt zu Hause vergessen (smile..). Die 180 kommt ja gar nicht zur Geltung auf dem blauen Shirt.
Nun geht es auf zum Start. Ein letztes Mal sind die Startnummern unter sich, bevor mit einem Startschuss der Lauf eröffnet wird und alle in Richtung Wil loslaufen. Der Weg führt nach einem kurzen flachen Stück rechts in den Wald in eine Steigung. Vorbei an einem kleinen Weiher, wo ein Fischreiher erschreckt das Weite sucht, über kleine Holzbrücken, entlang dem Vita Parcours und zurück zum Start-/Zielgelände. Hier beginnt der zweite Teil des Rundkurses. Mein Träger blüht richtiggehend auf: Er gibt Gas, und der „Fahrtwind“ gibt mir das Gefühl von Freiheit und Leichtigkeit. Ich liebe es, andere Startnummern zu überholen. Die lauten Schnaufgeräusche blende ich aus.
Die zweite Runde startet etwas langsamer, da wir bereits 5 Kilometer in den Beinen haben. Jetzt bloss nicht die gelben Shirts vor uns aus den Augen und damit den Anschluss verlieren. Einstecken kann mein Träger: Er verpasst keine Pfütze. Mein schönes Aussehen scheint ihm dabei egal zu sein. Ich bin mittlerweile nicht mehr blendend weiss, sondern habe einen Hauch von Bräune. Am Strassenrand werden wir angefeuert von einem LSV-Mitglied, was uns noch mehr anspornt und mich den Vorfall von vorhin vergessen lässt. Nun steht mein wichtigster Auftritt bevor: der Zieleinlauf! Ich bin derart wichtig, dass ich namentlich erwähnt werde (mein Träger scheint sich derweil mehr für die Wettkampfzeit zu interessieren). Im Ziel warten wir auf die Nummer 180, welche mit grossem Rückstand über die Ziellinie läuft. Sie ist arg zerschlissen. Das ist nun wahrlich keine gute Werbung für uns Startnummern. Nur gut, hat sie keinen leuchtend gelben Hintergrund. Die Trägerin der 180 scheint zufrieden zu sein mit ihrem Lauf.
Nun werden fleissig Hände geschüttelt und Infos ausgeschaut. Ein letztes Mal sehe ich die anderen Nummerngirls, bevor ich, immer noch am Shirt hängend, im Laufrucksack verschwinde.
Werde ich zu Hause einen Ehrenplatz erhalten? An der Wand erblicke ich ehrfürchtig Kollegen, die den Durchbruch geschafft haben und an legendären Rennen teilnehmen durften: Köln-Marathon, Jungfrau-Marathon, 24-Stunden-Lauf Brugg, Davoser K68 und gar an einem Waffenlauf.
Die zerschlissene Nummer 180 übrigens wird zwischen anderen Nummern eingereiht und aufbewahrt. Mein Leben ist kurz: Ich, die Nummer 153, lande im Altpapier. Mein Schicksal mag auf den ersten Blick bitter sein. Was letztendlich zählt, ist, dass ich meinem Träger Glück gebracht habe. Verewigt bin ich ohnehin: Ihr könnt mich auf den LSV-Fotos bestaunen.
Bericht von Monika Frefel, Trägerin der Nummer 180