Laufbericht über den Lauf des jüngstem LSV‘lers und seinen inneren Monolog
5:30, ich sollte resp. muss aufstehen – wahrlich zu früh, nicht nur im Anbetracht der Tatsache, dass Ferien sind, nein, auch, weil ich sogar an einem Schultag später aufstehe. Also: Aufstehen, Haare waschen, Haare föhnen, Haare bändigen (mithilfe Haarwachs), ein wenig Müesli essen, Zähne putzen und nun Tasche nehmen und los gehts zum Bahnhof.
Am Bahnhof wartet schon Andi. Mit ihm reisen Papa und ich.
6:48, der Zug fährt los.
Ich höre Podcasts auf der Fahrt; irgendwie muss ich nochmals ein wenig abgelenkt werden – ich bin nicht nervös, angespannt schon eher. Ich frage mich im Zug, ob ich noch einen Schlauchschal in der Sporttasche habe oder ob ich allenfalls sogar noch einen kaufen soll – es könnte sein, dass es regnet.
Nach einigen Umstiegen sind wir nun in Klosters.
Wir drei LSV‘ler starten alle im K23-Rennen, das von Klosters nach Davos führt. An dieser Stelle ist anzumerken, dass die Bezeichnung K23 irreführend ist, da der Lauf 24 Kilometer lang ist!
Nach dem Holen der Startnummer geht es ans Umziehen und bald schon ans Einlaufen. Ich fokussiere mich aufs Rennen, schalte mein Hirn ab (vermeintlich, Spoiler: Das Hirn wird sowas von nicht abgeschaltet sein!) und versuche nicht mehr zu viel zu Denken.
10:45, der Start. Ich weiss, dass es am Anfang noch flach sein wird und laufe deshalb in einem zügigen Tempo auf den ersten Anstieg zu. Der erste Anstieg gelingt mir noch gut, zwar gehe ich einige Schritte, doch ich bin noch voller Elan und Energie.
Nach 29 Minuten, ich bin gerade etwa bei Kilometer 6.7, fängt es an zu regnen. Ich nerve mich, dass ich trotzdem keinen Schlauchschal habe. Mann, ich habe es gewusst!
Pflatsch, der Fuss steht im Bächlein; wieso haben sie denn hier kein „Brüggli“ gemacht! Egal weiter geht es!
Nun brennen meine Augen auch noch: Die Sonnencreme, die ich auf elterlichen Rat montiert habe, läuft wegen des Regens in meine Augen – die Sonne scheint nicht einmal, war ja klar, dass es für nichts war!
So egal, nur laufen, nicht denken!
Es folgen Wanderwege, die der Höhne nachgehen.
Meine Motivation steigt wieder: Im Wald spürt man den Regen gar nicht so fest.
Ich werde überholt, doch ich kann mich der Überholerin anschliessen und laufe
nun in einem guten Tempo mit der dritten Frau.
Getränkeposten, 8 Kilometer hinter mir, schnell etwas trinken und weiter geht es.
Ein Drittel ist schon geschafft, also gar nicht so schlimm.
Es geht wieder steiler bergauf, doch ich komme gut mit. Dann wieder bergab – wow, ich mag wieder, es ist ja alles gut.
Ich laufe nun einem Bach entlang; 11 Kilometer habe ich nun in den Beinen, noch nicht einmal die Hälfte, doch ich habe ja ein gutes Tram.
Nun kommt eine Steigung, ich muss einige Schritte
gehen – schwupp, schon läuft ein anderer Läufer zwischen mir und meinem
Zugpferdchen. Egal, einfach dranbleiben, dann läuft das schon. Zwei Minuten
sind nun etwa vergangen, ich merke, wie mir das Bergauflaufen zusetzt. Ich muss
nochmals einige, nein, einige viele Schritte gehen und verliere die Gruppe.
Ich Idiot, hätte ich einfach nochmals kurz weitergelitten, es wären vielleicht
noch 30 Sekunden gewesen und oben wäre ich gewesen, wohlweislich MIT Gruppe –
aber nein, ich Vollvogel musste natürlich die Warmduscher-Variante nehmen und
laufen! Ich bin nun alleine, zwar sehe ich meine Begleiter von vorhin, aber die
Change, dass ich wieder an sie herankomme ist <0. Hilft nix, weiterlaufen!
Kilometer 14, Getränkeposten. Ich konsumiere einen Gel.
Ich laufe weiter: Langsam, aber sicher taste ich mich wieder an ein „sinnvolles“ Flach-Tempo heran. Yes, ich laufe wieder in einem guten Tempo, der Regen ist fast nicht mehr zu spüren und STEIGUNG. Wieso jetzt?! Ich rege mich nicht auf, nein, ich zweifle nun. Aber was solls: Bergauf! Ich werde überholt, Frau vier und fünf nun ebenfalls vor mir.
Okay, jetzt habe ich keine Lust mehr, es geht bergauf, ich bin müde, und meine Waden halten mittlerweile auch nicht mehr viel von Bergauflaufen.
Ich bin oben! – Vor lauter Gedanken (die ich ja eigentlich ausschalten, unterdrücken wollte) habe ich gar nicht gemerkt, wie schnell ich oben bin. Also, weiter gehts; die Uhr sagt 16 Kilometer sind geschafft, also nur noch 8! Eine gute Neuigkeit.
Ich laufe weiter, mehr oder weniger gleichmässig – in den Bergen ist es eben halt nie wirklich flach.
Ich sehe den Davosersee, so weit kann es nicht mehr sein. Oder stopp: der Lauf ist 24 Kilometer lang, es ist kein Halbmarathon! Nochmals beissen! Weiter gehts!
Hinter mir läuft jemand mir On-Schuhen. Woher ich das weiss? Die Schuhe quietschen. Ich habe dann aber meine These noch mithilfe eines Blickes überprüft.
Mittlerweile habe ich 18 Kilometer hinter mir: Die
Waden, wie auch und die Ansätze der Oberschenkel beim Knie machen zu. Super,
genau das, was ich jetzt brauchen kann, so laufe ich nie unter zwei Stunden!
Gut, zwei Minuten lang weitertraben haben das Problem gelöst…
Meine Augen brennen wieder, doofe Sonnencreme! (Anzahl Minuten Sonne während des Laufes bis jetzt: Null)
Noch drei Kilometer, ich laufe nun auf einem Weg durch den Golfplatz in Davos.
Noch zwei Kilometer und ich muss mich ranhalten, dass ich vor der Zwei-Stunden-Marke im Ziel bin, doch es könnte machbar sein.
Noch einen Kilometer zeigt ein Schild zeigt. Ich raufe mich nochmals zusammen und versuche abermals ein wenig schneller zu laufen.
Die Rundbahn ist nun in Sichtweite – 1:57.49 sagt die Laufuhr – ranhalten!
Ich komme ins Ziel: 1:59.10,2 – zufrieden ist anders, doch ich bin unter zwei Stunden. Ich habe schwere Beine und Durst.
Drei Becher Iso, drei Becher Wasser, drei Rugeli Brot und fünf Viertel Apfel verlasse ich die Zielarena. Die vierte Frau, die mich überholt hat, spricht mich auf Englisch an, ob Bergauf laufen nicht so meins sei. Ich bejae und sie erzählt mir, dass sie von Griechenland komme, sie arbeite hier in Davos. Wir suchen zusammen unser Gepäck und finden es auch. Anschliessend haben wir noch eine kleine Diskussion über Übertraining und dann trennen sich unsere Wege auch schon.
Ich gehe duschen.
Ich bin kaputt.
Ich dehne in der Dusche.
Wieso man das immer wieder tut; sich selbst an eine Grenze bringen und dort dann noch aushalten, weiss ich nicht. Ich weiss aber, dass ich das irgendwie brauche.
Fertig mit duschen, ich schaue meinen Rang an:
Zweiter! Gut mit 13 Minuten Rückstand, doch ich habe den Drittplatzierten um 19
Minuten distanziert.
Rückblickend bin ich schon ein wenig mehr zufrieden, doch es gäbe noch
Potential, um schneller zu sein.
Anschliessend treffe ich auch wieder Papa und Andi, ebenfalls sichtlich erschöpft, aber glücklich und zufrieden.
Hier die Resultate:
- Andrin Jacomet: 1:59.10,2 2. M18, Overall 26.
- Andreas Portner: 2:26.45,2 21. M50, Overall 119.
- Manuel Jacomet: 3:08.03,2 67. M40, Overall 263.