Eine Analyse der Typen von Läufer und Läuferinnen
Es ist wieder so weit, der Lauf Cup startet wie jedes Jahr im Oktober in Speicher im Appenzellerland. Und sie kommen, die Läuferinnen und Läufer, und zwar jede Art und Gattung. Zum Beispiel der Vergessliche, der nach einem Kilometer seinem Kollegen mitteilt, dass er vergessen habe seine Socken hochzuziehen und drum am Wegrand nochmals anhalten musste. «Ha no müese d Söcke ufezie, weisch!» Ein Satz den ich bis jetzt noch nie an einem Lauf gehört habe. Sonst geht es mehr um vergessene Startnummern, Badges oder das Duschmittel. Die beiden letzteren Utensilien brauchte man bei diesem Lauf jedoch nicht. Duschen gibt es keine – wegen Corona (jaja, wir wissen es langsam, na und?) – und den Badge brauchte man auch nicht, da bei diesem Lauf Cup ein Chip in der Startnummer drin ist. Sehr bequem, nun muss man auf den letzten 200 Metern nicht mehr unter dem T-Shirt auf Suche nach dem Badge gehen und kann volle Kanne ins Ziel rennen. Apropos volle Kanne: Bossis Spezialtee gab es Coronabedingt auch nicht! Das geht doch nicht, denn damit konnte man sich über das fehlende Kuchenbuffet hinwegtrösten.
Unter den Läuferinnen und Läufertypen ist auch der Besserwisser dabei. Er weiss alles und klärt weise darüber auf, dass der Wurzelweg bald aufhört und es dann bald aufwärts geht, auf einem Kiesweg. Danke! Wir sind alle das erste Mal hier! Und dann kommt zu den vielen Typen noch der Taktiker. Er läuft diesen Lauf langsam, schliesslich will er ein gutes Handicap haben. Kurz vor dem ersten steilen Aufstieg begegnet man dem Ehrgeizigen. Er läuft in der Mitte des engen Weges und wenn man überholen will, dann weicht er je nach dem nach links oder rechts aus. Oder schlägt mit dem Ellbogen aus. Überholen geht auf jeden Fall erst bergauf, da gibt er nämlich den Geist auf und der Ehrgeiz steckt er sich vorübergehen an den Hut. Dafür kommt dann die Berggeis zum Zuge. Sie überholt aufwärts und wird grosszügig überholt, wenn es danach wieder abwärts geht. Wir sind schliesslich im Appenzellerland, da geht es immer auf- und abwärts. Und mit der Berggeis läuft der Plauderer mit. Er unterhält sich über das schöne Wetter, will die Qualitäten und Tücken der Strecke genauer wissen und wenn man schon am Plaudern ist, dann kann man auch grad die ganze Läuferkarriere erzählen und es war doch eine Hammer-Party vor zwei Wochen. Plauder und Plauderinnen gibt es auf der ganzen Strecke, sie unterhalten den Rest, wenn es zäh wird und muntern auf. Auf verteilt über die ganze Strecke sind auch die Tiefstapler und Tiefstaplerinnen unterwegs. «Ich gehe es heute langsam an.» oder «Heute bin ich nicht fit, das wird nichts mit einer Spitzenzeit!» Natürlich wird es was, warum überholst du mich denn jetzt so schamlos, obwohl ich schon ans Aufgeben denke? Nahe dran an den Tiefstapler sind die Mutmacher, vielleicht sind sie ja beides. «Heja, super! Weiter so!» heisst es beim Überholen und irgendwie glaubt man es und macht weiter. Wer auch bei diesem Lauf nicht fehlt ist der Verletzte. «Es zwackt mich einfach im Bein/Hintern/Oberschenkel/…», jammert er und erzählt, wie es zu dieser Verletzung gekommen ist. Und dass er nächste Woche einen Marathon hat und jetzt mal schaut, ob es geht. Und sonst geht er dann nicht. (Jaja, du ruhigster Ehemann der Welt. Wir glauben dir das. Schliesslich bist du jetzt so vernünftig und bist an diesen Lauf gekommen, um zu schauen, ob es geht – mit Verletzung). Kurz vor dem Schnuggenbock gesellt sich eine weitere Läuferart dazu. Der Hechler. Er hängt sich beim ersten Aufstieg an die Fersen, überholt nicht und hechelt so laut, dass man nicht so recht weiss, ob man sich nun aufregen soll oder dem armen Kerl Hilfe anbieten muss. Weiter gibt es dann noch den Pragmatiker, ein Tischi und eine Hose reicht, egal wie alt (und wie durchsichtig!) und die Ausgeschmückte, neueste Laufuhr, Tischi passt zur Laufhose, neue Schuhe, extra für diesen Lauf, Laufband, Stirnband, alles sitzt perfekt und sie duftet wie eine Blumenwiese nach einem feinen Sportwaschmittel.
Nach dem Schnuggenbock ist der Lauf praktisch geschafft. Die Aussicht haben alle genossen, der frischverschneite Säntis konnte bestaunt werden, der Geniesser und die Geniesserin ist nämlich das letzte Stück spaziert, man muss ja nicht immer laufen. Und auf der Zielstrecke kommt nochmals ein anderer Läufertyp zum Vorschein: Das Kamel. Sobald es den Stall (oder das Ziel) riecht, gibt es Gas und überholt nochmals. Im Ziel teilt die Berggeis tüchtig aus. Taktiker? Da ist doch eigentlich der Schummler. Die Tiefstapler werden mit bösem Blick und einem giftigen Kommentar beglückt, der Skeptiker (Hesch d Hendsche jetzt bruucht?») wird in den Senkel gestellt und dann wird noch laut gemault, weil Bossis Tee fehlt. Sie kann nicht anders, die Geis ist eine waschechte Appenzeller Ziege mit Heimvorteil. Man findet sie bei den meisten Lauf Cups. Sie ist weiss, gehört zur Hornlosen Rasse, etwas rezent aber im Herz gutmütig und schnell zu zähmen.
Schön wars, der erste Lauf Cup im Appenzellerland. Das findet nicht nur die Ziege.